Viel mehr Kühe braucht das Land!
Pressemeldung
Neugierde ist eine Wesensart der Kuh. Wenn es ihr gut geht, ist sie besonders neugierig. Aus dem neuen Stall der agt Trebbin beim "Milchgespräch" im September 2021. Der Fortbestand der Brandenburger Milchviehhaltung ist systemrelevant! Foto: PSchellschmidt, LBV
LBV-Pressestelle
Meike Mieke
Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Brandenburgs Milchrindbestand sank innerhalb einer Generation um mehr als die Hälfte seiner Milchkühe. Nur der Erhalt und Ausbau einer Milchrinderhaltung sichert jedoch nachhaltige Kreislaufwirtschaft.
In den vergangenen drei Jahrzehnten sank der Bestand an Milchkühen in Brandenburg um rund 54 Prozent. Während im Jahr 1991 noch 286.684 Tiere in den Ställen standen, waren es 2021 nur noch 132.351 Milchkühe. Angesichts der herausragenden Bedeutung der Milchrindwirtschaft für das Land Brandenburg ist die Größenordnung des Rückgangs alarmierend.
Nicht stemmbare Investitionskosten für die Bewältigung der Tierwohlanforderungen, eine schlechte finanzielle Ausstattung der Betriebe und sich verschärfende Rahmenbedingungen veranlassten in den vergangenen Jahren viele Betriebe zur Aufgabe der Milchrinderhaltung. Somit gehen Wertschöpfung im ländlichen Raum und soziale Strukturen mit Beschäftigung in gesicherten Anstellungsverhältnissen verloren. Neben diesen wirtschaftlichen und sozialen Vorzügen verabschieden sich bedeutende ökologische Mehrwerte: Die Verwendung und Veredlung des vom Menschen nicht essbaren Grünlands zu dem hohen Gut Milch, aus dem hochwertige Molkereiprodukte hergestellt werden, ist ohne Milchkühe nicht denkbar. Auch der Kuhmist ist als organischer Dünger für die nährstoffarmen Böden Brandenburgs unentbehrlich.
Die Kontinuität der Milchrinderhaltung gewährleisteten nach 1992 nicht zuletzt die aus den LPG hervor gegangenen Agrargenossenschaften bzw. entstandenen Mehrpersonengesellschaften. An ihrer Spitze steht in der Regel ein generationsübergreifendes Leitungsteam, sie verfügen über Acker und Grünland von mehr als 1.000 Hektar, eigenen Futteranbau und Milchrinderherden ab 300 Kühen. Ihr Erfolg zeigt sich insbesondere bei den herausragenden Ergebnissen bei der Tiergesundheit und beim Tierwohl als Voraussetzung für eine gute Milchleistung.
Im Jahr 2021 listete der Landeskontrollverband Berlin Brandenburg von den 100 besten ganzjährig auf Milchleistung und Milchqualität geprüften Betrieben 36 Agrargenossenschaften sowie 60 Personengesellschaften, vier waren Einzelunternehmen. „Wir halten bei uns 1.450 Milchkühe inklusive ihrer Nachzucht mit einer durchschnittlichen Milchleistung von 11.030 Litern“, erläutert Robert Schulz, Vorstandsmitglied der Agrargenossenschaft Uckermark agrar eG. „Nur gesunde und glückliche Tiere bringen Leistung und geben viel Milch. 350 unserer Kühe stehen bereits im neu errichteten Boxenlaufstall mit großzügigem Luftvolumen, offenen, elektronisch regulierbaren Seitenwänden, Kratzerkettenentmistung, Futter-Anschieber, getrennten Bereichen für das Fressen, Liegen, Bewegen der Kühe. Parallel investieren wir derzeit 2,2 Millionen Euro in den Ausbau alter Stallanlagen und einen weiteren Stallneubau, um noch mehr Platz und Komfort für die Tiere zu schaffen, ohne den Bestand zu erhöhen.“
Der dramatische Rückgang an Milchkuhhaltungen kann jedoch durch Investitionen einzelner Unternehmen bei weitem nicht kompensiert werden. Alle Milchrinderbetriebe Brandenburgs müssen schnellstmöglich und unabhängig von Rechtsform und Größe in die Lage versetzt werden, tierwohl-gerechte und wirtschaftlich tragfähige Milchrinderhaltung zu betreiben. Denn nur ihr Fortbestand sichert die Ausgewogenheit zwischen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Maßgaben als Grundlage nachhaltiger Landwirtschaft.
Die Brandenburger Milchviehhalter brauchen eine politische, gesellschaftliche und finanzielle Unterstützung bei ihrem Einsatz für den Erhalt und den Ausbau von deutlich mehr Milchkuhplätzen. Die Erstellung einer Nutztierstrategie für das Land Brandenburg wäre ein erster Schritt.
Weiter führende Information:
Aktuell findet das 12. Berliner Milchforum des Deutschen Bauernverbandes unter der Überschrift „Die Milch macht’s – nachhaltig und erfolgreich?“ statt. Gundula Frank, Vorstandsmitglied der Agrargenossenschaft Sonnewalde und Mitglied des Kompetenznetzwerkes Nutztierhaltung, erläutert am Beispiel ihres Brandenburger Betriebes, ob eine nachhaltige und gleichzeitig wirtschaftlich tragfähige Milchviehwirtschaft in Brandenburg auch zukünftig möglich ist.