Regen verhagelt Brandenburgs Bauern
die Ernte

Pressemeldung

Pressekonferenz zur Erntebilanz auf dem Spargelhof Kremmen. Das Wetter ist und bleibt das Zünglein an der Waage, wenn es um das Betriebsergebnis geht (Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbandes Brandenburg) Foto: MMieke

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Bilanz des Landesbauernverbandes Brandenburg zur Ernte 2023

(Kremmen, 24. August 2023) „Regen ist für die Landwirte eine gute Sache, wenn er nicht zur falschen Zeit kommt“, bringt Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbandes, die Herausforderungen der diesjährigen Getreideernte in Brandenburg auf den Punkt. Ab Ende Juli unterbrachen regelmäßige und andauernde Niederschläge die Erntearbeiten. „Die Phasen des Erntestillstands in diesem Sommer haben uns deutlich unsere Angreifbarkeit vor Augen geführt. In der Landwirtschaft entscheidet die unberechenbare Größe Wetter den betrieblichen Erfolg maßgeblich mit. Neben Umweltauflagen, heftigen Marktschwankungen und politisch-gesellschaftlichem Druck ist und bleibt das Wetter das Zünglein an der Waage. Das unterscheidet uns grundlegend von anderen Branchen und erklärt, warum wir unser eigenes Tempo bei der Gestaltung einer gleichzeitig klimaresilienten, als auch sozial und wirtschaftlich verträglichen Landwirtschaft im Land Brandenburg vorgeben wollen“, betonte Landesbauernpräsident Henrik Wendorff auf der heutigen Pressekonferenz zur Brandenburger Erntebilanz 2023 auf dem Spargelhof Kremmen.

Einen besonderen Dank sprach der Präsident den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Erntekampagne aus, die derzeit „stopp and go“ die Ernte einfahren. „Was früh besprochen wird, ist mittags schon hinfällig. Unsere Mitarbeiter bleiben über Wochen im Standby-Modus für einen möglichen Ernteeinsatz am Wochenende, und das in Zeiten, in denen wir über die Einführung der Vier-Tage-Woche-Woche reden. Hier möchten wir als Arbeitgeber Danke sagen. Auch wenn die Nerven mitunter blank liegen, können wir uns auf unsere Mitarbeiter verlassen.“

Aus feuchtem Weizen wird kein Mehl

Die anhaltende Feuchtigkeit trieb Brandenburgs wichtigste Getreidearten, Weizen und Roggen, erneut in Keimstimmung. Die Pflanzen bildeten Auswüchse statt in die Keimruhe zu gehen, die die Ausreifung des gelben Korns befördert. Mehl von Getreide, das bereits in Keimstimmung ist, eignet sich jedoch nicht oder nur noch eingeschränkt zum Backen. Bundesweit als auch in Brandenburg schmälern die Qualitätseinbußen durch zu viel Wasseraufnahme in den Brotgetreiden die Unternehmensbilanz. „Lediglich etwa 30 Prozent unseres Brotgetreides erreicht in diesem Jahr Backqualität“, schätzt Henrik Wendorff, „etwa 70 Prozent sind Futterqualität. Für uns Erzeuger macht der Verkauf von Brot- oder Futtergetreide einen Preisunterschied von etwa 25 Prozent aus.“ Die Landwirtinnen und Landwirte treffen diese Erlöseinbußen empfindlich, da sie die Bestellung und Pflege der diesjährigen Ernte unter Höchstpreisbedingungen für Energie und Betriebsmittel im Jahr 2022 vornehmen mussten. „Wir fahren die kostenintensivste Ernte aller Zeiten ein“, unterstreicht der Präsident.

Eine zahlenmäßige Unterlegung ist derzeit nur bedingt möglich, da mit Beginn der aktuellen Woche jeweils rund 20 Prozent des Weizens und des Roggens noch auf den Feldern standen. Von 146.800 Hektar Anbaufläche mit Weizen stehen derzeit noch etwa 29.300 Hektar auf den Schlägen. Roggen nimmt mit 125.000 Hektar die zweitgrößte Anbaufläche in Beschlag – hier sind noch etwa 25.000 Hektar zu dreschen.

Besonderheit Nord-Süd-Gefälle – Brandenburger Roggen verliert

Die typische Brandenburger Nord-Süd Differenz der Agrarstandorte ist auch in diesem Jahr wieder deutlich sichtbar. Der Süden Brandenburgs hat durch seine geringeren Bodenwertzahlen niedrigere Erträge als der Norden. Bei der Wintergerste wurde im Landkreis Oberspreewald-Lausitz mit 4,5 Tonnen je Hektar der niedrigste Ertrag eingefahren. Den höchsten Ertrag verzeichnete der Landkreis Havelland mit 8,4 t/ha. Im Durchschnitt brachten die Landwirte 6,4 Tonnen je Hektar Wintergerste in die Lager, fast 13 Prozent mehr als das fünfjährige Mittel.

Die Zwischenbilanz für Weizen und Roggen liegen dagegen unter dem fünfjährigen Mittel. Wurden 2022 landesweit noch 6,1 Tonnen Weizen eingefahren liegt der Wert 2023 derzeit bei 5,7 Tonnen pro Hektar (Mittelwert 5,8 Tonnen). Sorge bereitet den Brandenburger Landwirten die Ertragsentwicklung beim Roggen. Vor zehn Jahren, 2013, wurden noch knapp 5 Tonnen je Hektar im Landesdurchschnitt geerntet. Seit 2018 werden 4 Tonnen pro Hektar nur noch mühsam erreicht. Laut aktuellem Erntestand wird dieser Trend mit etwas über 4 Tonnen bestätigt. Insgesamt rechnen Brandenburgs Bauern mit einer Getreideernte unter 2,2 Millionen Tonnen.

Leguminosen weiterhin chancenlos

„Gedämpft müssen unsere Ertragserwartungen bei den Leguminosen Lupine, Erbse und Soja sein. Statt die wertvollen Eigenschaften der Hülsenfrüchte für eine erhebliche Verbesserung des Klimamanagements zu nutzen, nehmen die Pflanzenbauer Abstand vom Anbau – Rückschritt statt Fortschritt“, moniert Wendorff. Ursache sind fehlende geeignete Instrumente des Ausgleichs des hohen Ausfallrisikos der wasserbedürftigen und schädlingsanfälligen Pflanzen. Das Land Brandenburg fördert derzeitig lediglich den Leguminosenanbau, wenn auf den Einsatz jeglicher Pflanzenschutzmittel verzichtet wird. Dies erhöht das betriebswirtschaftliche Risiko das Leguminosenanbaus trotz Förderung erheblich, bremst die Landwirte aus und verfehlt damit das übergeordnete Ziel für klimaangepassten Pflanzenbau, für mehr Vielfalt in der Agrarlandschaft und für die Unabhängigkeit von Importen.