ASP: Letzte professionelle Schweinehaltung
in Oberhavel gefährdet

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Meike Mieke

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(Teltow, 22. November 2024) Der erneute Nachweis der Afrikanischen Schweinepest bei einem verendeten Wildschwein im Landkreis Oberhavel erschüttert das Vertrauen von Brandenburgs Schweinehaltern in die Zukunftsfähigkeit ihres Produktionszweigs.

„Die Unkalkulierbarkeit eines Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest durch eine „Sprunginfektion“, so wie wir es jetzt im Landkreis Oberhavel erleben, bestätigt mich darin, dass das Risiko für Investitionen in die Schweinehaltung viel zu hoch ist. Investitionsplanungen etwa für Stallneubauten müssen für mindestens 15 Jahre Bestand haben. Gerate ich mit meiner Schweinehaltung jedoch in die Kernzone eines Ausbruchsgebiets, dürfen die Tiere nicht mehr verbracht werden, was zu einer dramatisch angespannten Platzsituation in den Betrieben führt und sie wirtschaftlich vor enorme Herausforderungen stellt“, erläutert LBV-Vorstandsmitglied Benny Hecht, selbst Schweinehalter, die aktuelle Situation für die betroffenen Betriebe.

Besonders tragisch sei es, führt Hecht aus, dass durch eine anhaltende Verunglimpfung Tiere haltender Betriebe in den vergangenen Jahren als „Massentierhalter“ die Solidarität und das Mitgefühl in der Gesellschaft für diesen Berufszweig begrenzt sei. Es werde emotionslos hingenommen, dass Schweinehaltungen, die die regionale Wertschöpfung im Land Brandenburg mit absichern und für die Erzeugung von wertvollen Fleischprodukten unter den höchsten Tierhaltungsstandards der Welt in der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg sorgen, ihren Standort aufgeben.

„Solange wir hier nicht umdenken und Fleischerzeugung im Land Brandenburg entlang der gesamten Wertschöpfungskette – bis hin zu unseren gut gefüllten Tellern in öffentlichen Einrichtungen – unterstützen, wird ein Betrieb nach dem anderen aufgeben, je nachdem, wo die Seuche aufschlägt.“

Das Auftreten von Tierseuchen gehöre normalerweise zum unternehmerischen Risiko, ergänzt dazu Denny Tumlirsch, Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbandes Brandenburg. „Allerdings ist die Tierhaltung in Brandenburg bereits so stark eingeschränkt, dass die vielen Belastungen an anderen Stellen keine unternehmerische Freiheit mehr hergeben. Es entwickelt sich eine ökonomisch nicht mehr tragfähige Gemengelage, wie jetzt durch den Ausbruch der ASP wie unter einer Lupe sichtbar wird. Wir brauchen eine in der Landesverfassung verankerte Absicherung der Urerzeugung von Lebensmitteln“, wiederholt Tumlirsch die Forderung des Bauernverbandes an die Verhandelnden des Koalitionsvertrags.

Hintergrund

Mit der Aufgabe von Produktionszweigen der tierischen Erzeugung sinken die Bestandszahlen von Schweinen in Brandenburg kontinuierlich weiter unter das erforderliche Niveau für eine ausgewogene Kreislaufwirtschaft. Brandenburg hatte zum Stichtag 3. Mai 2024 noch 517.000 Schweine, im Vorjahr waren es mit 525.400 Tieren bereits ähnlich wenige. 2016 lag der Bestand noch bei rund 800.000 Tieren, seit 1991 ist die Anzahl der Schweine um mehr als 60 Prozent zurück gegangen. Sie betrug im Mai 1991 rund 1,31 Millionen Tiere in rund 2.200 Haltungen, heute sind es noch etwas mehr als 500 Schweinehaltungen.

Mit den sinkenden Beständen ging auch der Rückbau der regionalen Lieferkette im Land Brandenburg mit Schlachtung und Verarbeitung einher. Dies lässt nach Schätzung des Landesbauernverbandes Brandenburg den Schluss zu, dass aktuell nur unter zehn Prozent der in Brandenburg gemästeten Schweine auch real in einer regionalen Lieferkette in der Hauptstadtregion verbleiben. Bei einem Pro-Kopf-Verbrauch von Schweinefleisch in der deutschen Bevölkerung von 27,5 Kilogramm im Jahr (BMEL; 2023) ist dies ein denkbar geringer Anteil.