Ministerielle Formfehler mit Folgen
Pressemeldung
Ein geplatztes Beteiligungsverfahren zum Jagdgesetzentwurf könnte die Tür zu einem konstruktiveren Umgang mit dem Wolf öffnen
Formelle Fehler im Vorfeld der für Donnerstag, den 13. Juli 2023 anberaumten Sitzung des Landesjagdbeirates ließen die Zusammenkunft des Gremiums erneut platzen. Grund der Absage war einerseits die fehlende Begründung des überarbeiteten Jagdgesetzentwurfes des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK), die ein unerlässlicher Bestandteil eines Gesetzesänderungsverfahrens ist. Schwerer wog jedoch, dass der nun versandte Entwurf von der Fassung abwich, mit der der Minister in der Öffentlichkeit hantiert und die den Landesjagdbeirat zuerst erreichte. Der Landesbauernverband zog an dieser Stelle die Reißleine und beantragte über den berufenen Vertreter im Beirat die Vertagung des Gremiums. LBV-Präsident Henrik Wendorff führte dazu aus:
„Minister Axel Vogel spielt mit mehreren Gesetzesentwürfen und verwirrt alle Beteiligten! Für ein tragfähiges Votum zum Gesetzesentwurf benötigen wir einheitliche Arbeitsunterlagen. Es ist schon denkwürdig, dass wir die Oberste Jagdbehörde im MLUK an die Einhaltung essenzieller Formfragen erinnern müssen.”
Jürgen Hammerschmidt, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer in Brandenburg (LAGJE) sowie ebenfalls Jagdbeiratsmitglied, ergänzt dazu:
„Das ist letztlich symptomatisch für das Verfahren. Erst spricht man gar nicht. Dann spricht man mit wenigen und ändert den Rechtsrahmen für den Rest. Die Jagdgenossenschaften und Eigenjagden sind durch diesen Entwurf massiv betroffen. Mit uns hat bis heute niemand gesprochen. Auch die Landwirtschaft war nicht eingebunden.”
Henrik Wendorff sieht in diesem Durcheinander auch eine Chance:
„Ich schlage vor, dass das Ministerium die entstandene Denkpause nutzt, um im Gesetzesentwurf eine weitere Änderung vorzunehmen, die wirklich sinnvoll ist: Der Wolf sollte als bejagbare Art in das Jagdgesetz aufgenommen werden.“
Wildtiere, die im Jagdgesetz als bejagbare Arten aufgeführt sind, erhalten nur dann eine Jagdzeit, wenn sie nicht in ihrem Bestand gefährdet sind. Alle jagdbaren Arten, insbesondere die mit ganzjähriger Schonzeit, unterliegen jedoch dem Schutz der Hege. Sie legt die Schonzeiten für das Wild fest und hält die Artenvielfalt im Feld und Wald aufrecht. Hege bedeutet auch, dass Jägerinnen und Jäger erkranktes oder verunfalltes Wild waidgerecht von ihrem Leid erlösen.
Als durch das Bundesnaturschutzgesetz streng geschützte Art erhielte der Wolf durch die Aufnahme als bejagbare Art eine ganzjährige Schonzeit, käme jedoch gleichzeitig in die waidmännische Obhut der Hege. Verunfallte Wölfe würden somit auch von Jägern erlöst werden können. Sie müssten nicht leiden bis – so die aktuelle Regelung – das Veterinäramt bzw. die Polizei vor Ort ist.
Jürgen Hammerschmidt: „Das wäre tatsächlich eine tierschutzgerechte und sinnvolle Novelle.“
Hintergrund
Der Landesjagdbeirat bei der Obersten Jagdbehörde ist das wichtigste Gremium für die Vertretung der gemeinsamen Interessen der Jagd-, Forst- und Landwirtschaft sowie des Naturschutzes in Brandenburg. Er setzt sich aus Vertretern der Landwirtschaft, der Jägerschaft, des Waldes, der Jagdgenossenschaften und anerkannter Naturschutzverbände zusammen und „wird von der obersten Jagdbehörde im Vorfeld wichtiger und grundsätzlicher Entscheidungen im Rahmen seiner gesetzlichen Beratungsaufgaben beteiligt“ (Quelle: Jagd/MLUK-Brandenburg).
Der Landesjagdbeirat votiert in dieser Funktion auf basisdemokratischer Grundlage für oder gegen jagdrelevante Gesetzesänderungen und -entwürfe. Es berät auf diesem Wege das MLUK zu den möglichen Konsequenzen in der Praxis, die häufig in der Verwaltung übersehen werden. Eine Geschäftsordnung regelt die dafür zu wahrenden Formalia zur Einreichung von Unterlagen sowie zur Einhaltung von Fristen. Dies dient als Schutz vor Verfahrensfehlern auf dem Weg zu einem neuen Gesetz, dessen Erfolg letztendlich nur durch die Akzeptanz der Mehrheit der Jäger, Jagdeigner, Waldbesitzer und Landnutzer gewährleistet ist.