Müdigkeit beim wichtigen Thema
Düngung im Landtagsausschuss 

Pressemeldung

Schleppschlauch-Düngung. Der Wirtschaftsdünger wird emissionsarm direkt in den Boden ausgebracht. Foto: CANVA

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Meike Mieke

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Müdigkeit beim wichtigen Thema Düngung im Landtagsausschuss - Landwirte bangen um ihre Zukunft

(Teltow, 15.2.2023) Die jüngste Fachanhörung im Brandenburger Landwirtschaftsausschuss des Landtages zur Ausweisung der Kulisse von mit Nitrat belasteten Gebieten („rote" Gebiete) in Brandenburg, in der massive pflanzenbauliche Einschränkungen hinzunehmen sind, ließ Landwirtinnen und Landwirte erneut frustriert zurück.

Im Ergebnis der Demonstration von Landwirten gegen die anstehende Neuausweisung am 30. November 2022 vor dem Brandenburger Landtag und der sich daran anschließenden Anhörung vor dem Ausschuss für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz am 8. Februar 2023 diagnostizierten sie in einer Präsidiumssitzung des Landesbauernverbandes am 13. Februar eine ordnungsrechtliche Willkür der Verwaltung, nicht plausible und unfertige Bemessungsgrundlagen und vor allem politische Müdigkeit bei der Auseinandersetzung mit der Frage einer bedarfsgerechten Düngung von Nutzpflanzen im Ackerbau am Standort Brandenburg.

Seit der ersten grundlegenden Novellierung der Düngeverordnung im Mai 2017, die den Schutz von Oberflächengewässern und des Grundwassers durch strenge Vorgaben für die Ausbringung von organischem und mineralischem Dünger regelt, ihrer weiteren Verschärfung im Mai 2020 und einer weiteren Neufassung im August 2022 änderten sich analog die Verwaltungsvorschriften zur Ausweisung der nitratbelasteten, „roten“ Gebiete. Dem früheren Messverfahren von Nitratwerten im Grundwasser nach „Emissionsmodellierung“ folgte die Anordnung eines „geostatischen Regionalisierungsverfahrens“, das die Bundesländer verpflichtet, ihr Messstellennetz zu ertüchtigen und zu verdichten, um aus diesem zuverlässige Daten für mögliche Nitratanreicherungen im Grundwasser zu erhalten. Der Aufwand der Errichtung neuer Messstellen im Land, die für eine einwandfreie Messung eine Fülle von baulichen und umwelttechnischen Kriterien erfüllen müssen, ist naturgemäß kein Automatismus und beansprucht Zeit, gehört aber zu den Grundaufgaben des zuständigen Landesamts. Umso abwegiger erscheint es den Landwirten, von einem Tag auf den anderen Nitratmessungen aus einem Messstellennetz akzeptieren zu müssen, das aktuell mitnichten widerspruchsfreie Rückschlüsse auf die tatsächliche Nitratbelastung in Brandenburgs Grundwasserkörpern zulässt. Infolge dessen müssen sie Düngergaben derart minimieren, dass der Erhalt des Anbaus von Nahrungsmitteln wie Brotgetreide und Ölsaaten im Rahmen einer standortgepassten Bewirtschaftung gefährdet ist. Auf der anderen Seite gewährt sich die Verwaltung mehrere Jahre Zeit, um die rechtmäßigen Anforderungen zu erfüllen.

Stefan Bernickel, Landwirt mit Flächen in einem „roten" Gebiet sowie Denny Tumlirsch, Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbandes, nutzten daher engagiert das politische Gremium des Landtagsausschusses, um eine Vielzahl von Ungereimtheiten im Zusammenhang mit gemessenen Werten an fragwürdigen Messstellenstandorten zu erläutern und einmal mehr die Ausweisung „roter“ Gebiete nach dem Verursacherprinzip einzufordern.

„Seit mehr als vier Jahren kommen wir mit unserer berechtigten Forderung nach Verursachergerechtigkeit nicht voran. Das Land versteckt sich hinter den Auflagen und Entscheidungen des Bundes, der Bund hinter den vermeintlichen Auflagen und Entscheidungen der Europäischen Union. Fakt ist, dass drei handfeste Optionen auf dem Tisch liegen, um Landwirten, deren Fläche in einem ausgewiesenen Gebiet liegen, einen gerechten Ausgleich für diese Art der Flächenhaftung zu verschaffen“, resümiert Denny Tumlirsch.

So ließe sich zum einen Verursachergerechtigkeit durch die Änderung der Bundesdüngeverordnung herstellen, die einzelbetriebliche Ausnahmen ermöglichen, wenn die herangezogenen Messwerte nachweislich von Messstellen an obsoleten Standorten stammen. Landwirte können nicht auf Grundlage ihrer aktuellen Bewirtschaftung belangt werden, wenn sie besonders umweltschonend düngen. Betriebe müssen zudem nach Vorlage von Düngebilanzen von den Einschränkungen befreit werden können. Nachweislich nicht landwirtschaftlich beeinflusste Messstellen müssen wieder ausgeschlossen werden. Dazu zählen Messtellen in früheren Entsorgungslagerstätten, in der Nähe zu Klärwerken oder auf den ehemaligen Rieselfeldern in der Nähe Berlins ebenso wie eine Messstelle in der Nähe eines Robinienhains mit natürlichen Stickstoffvorkommen im Boden.

Eine verstärkte wissenschaftliche Begleitung, die die bereits bestehende wertvolle, fachliche Auseinandersetzung der landwirtschaftlichen Unternehmer mit dem Zustand des Grundwassers unter ihren Flächen ergänzt, kann in Verbindung mit der notwendigen baulichen Verdichtung des Messstellennetzes zur besseren Ursachenforschung beitragen und effizientere Maßnahmen zur Wiederherstellung des unbelasteten Zustands herleiten.

Zum dritten muss eine Erstattung der kostenintensiven Nitratmessungen eingeführt werden, zu denen die Landwirte in den aktuell ausgewiesenen roten Gebieten verpflichtet sind.

In welcher Reihenfolge auch immer eine Änderung möglich ist, wichtig ist, dass sie überhaupt unternommen wird, so das Fazit der ehrenamtlichen Vertreter des Berufsstandes. Nachdrücklich fordert der Landesbauernverband daher das Landwirtschaftsministerium zur verstärkten Ursachenforschung sowie zu Schaffung von Entschädigungsoptionen im Rahmen des Düngerechts und letztlich zur Einleitung einer Bundesratsinitiative einschließlich der Beschaffung von Mehrheiten auf. Die Abgeordneten sollten dabei endlich Druck auf das Ministerium ausüben und die Umsetzung beauftragen.