Biodiversität gelingt im Betrieb

Pressemeldung

Der Bauaushub des neuen Milchrinderstalls wurde zum willkommenen Habitat der geschützten Uferschwalbe. Biodiversität gelingt am besten produktions- und betriebsintegriert. Foto: MMieke

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Meike Mieke

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Auf dem Praxistag der Agrargenossenschaft Trebbin zum Nutzen der EU-Pläne für mehr Biodiversität überzeugten die betriebsindividuellen Maßnahmen

(Teltow, 13.6.2023) „Biodiversität hört nicht an Schutzgebietsgrenzen auf. Wie brauchen Erfolgskontrolle und eine ehrliche Auswertung, was hat sich etabliert und was nicht. Biodiversitätsmaßnahmen nach politischer Agenda sind weit weg von der Praxis und erzielen nicht die gewünschte Wirkung“, unterstrich Henrik Wendorff, Präsident des Landesbauernverbandes, am Montag auf dem politischen Praxistag der Agrargenossenschaft agt Trebbin eG.

Zuvor hatte Dr. Steffen Noleppa, Agrarökonom und Geschäftsführer der HFFA Research GmbH, die Auswirkungen der Sustainable Use Regulation (SUR) und des Nature Restoration Law sowohl auf den Ertrag als auch auf die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft skizziert – zwei Gesetzesentwürfe der Europäischen Kommission für die Umsetzung der Biodiversitätsstrategie im Green Deal. Der Nutzen für die Biodiversität auf Ackerflächen durch den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel und durch die Verringerung der landwirtschaftlichen Nutzfläche sei bedenklich gering, gemessen an den zu erwartenden Produktionseinbußen von deutschlandweit mehr als 11 Prozent, führte Noleppa aus. „Am Standort Brandenburg mit seinen leichten Böden würden die Auswirkungen eines pauschalen Pflanzenschutzmittelverbots und einer Flächenreduzierung ganze Regionen kaputt machen“, bestätigte Wendorff. Das betreffe besonders den Spargel als flächenmäßig wichtigste Sonderkultur in Brandenburg als auch die Kartoffel als wichtigste Hackfrucht, bei der mit Ertragsverlusten von bis zu 40 Prozent zu rechnen sei. Der Anbau dieser Kulturen, als auch von Winterraps und Wintergetreide ohne chemischen Pflanzenschutz wäre bei einem gleichbleibenden Preisniveau in Brandenburg wirtschaftlich nicht mehr tragfähig.

Bei der Besichtigung von Biodiversitätsspots auf dem Gelände der agt Trebbin wurde dagegen deutlich: Die eigentlich effektiven Lösungen für die Schaffung und den Erhalt von Artenvielfalt auf landwirtschaftlich genutzten Flächen bei gleichzeitiger Ertragssicherung entwickeln und praktizieren die Unternehmen selbst.

„Viele gefährdete Wildarten benötigen einfache Strukturelemente, die sie als Habitat annehmen können“, erläutert der Entomologe Dr. Christian Schmid-Egger am Fuß eines etwa sechs Meter hohen, bewachsenen Erdwalls, der mittlerweile einer Population der geschützten Uferschwalbe als Nistplatz dient. Entstanden aus dem Bauaushub während der Errichtung eines neuen Milchrinderstalls der Agrargenossenschaft wurde der Sandberg in kurzer Zeit von den Vögeln angenommen. Gleichzeitig identifizierte der Wissenschaftler im Rahmen seines Monitorings im BASF-FarmNetzwerk Nachhaltigkeit allein 161 Wildbienenarten auf den Ackerrandstreifen des Landwirtschaftsunternehmens. „Wildbienen siedeln selten auf der Ackerfläche, sondern meist am Feldrand. Dort nehmen sie auch gerne von Menschen geschaffenen naturnahen Strukturen als Nistplatz an“, erläuterte er.

Diese naturnahen Eingriffe bewirken weitaus mehr als das bloße Liegenlassen als Brache, so die sichtbare Beweisführung an einem mehrjährigen Blühstreifen. Dort sammelten zahlreiche gefährdete Ochsenzungen-Sandbienen an einem Bestand der blau blühenden Ochsenzunge Pollen. „Wir schaffen direkt an und auf unseren produktiven Flächen hochwertige natürliche, naturnahe Lebensräume für die Förderung der Biodiversität. Im nächsten Schritt versuchen wir, diese Biotope untereinander zu vernetzen, um Synergien und Nachbarschaften zwischen den Arten zu fördern“, wirbt Betriebsleiter Dr. Thomas Gäbert für betriebsindividuelle Maßnahmen zur Förderung der Artenvielfalt. „SUR und Renaturierung würden pflanzenbaulich sinnvolle Maßnahmen auf mehr als ein Drittel unserer Ackerfläche sowie auf mehr als der Hälfte unseres Grünlandes massiv einschränken, heimische Futterbestände mit Schaden stiftenden Unkräutern durchsetzen und ökologisch höchst wertvolle Leguminosenbestände als Kuhfutter unbrauchbar machen“, verdeutlicht Gäbert am Rande eines Luzerne-Feldes, dessen erster Schnitt vor wenigen Wochen aufgrund des wuchernden, giftigen Frühlingskreuzkrautes komplett verworfen werden musste.

Gern hätte das Team der agt Trebbin an diesem Praxistag der Politik das Potenzial betriebsindividueller und fachlich kompetenter Lösungen der Landwirtschaft für den Erhalt der Artenvielfalt vermittelt. Auch war es dem Unternehmen ein Anliegen, die Gefahren von Pauschalverboten im Pflanzenbau anhand praktischer Beispiele aufzuzeigen. Die politischen Vertreterinnen und Vertreter waren zahlreich eingeladen worden, jedoch nicht erschienen.

Hintergrund

Die Agrargenossenschaft Trebbin eG ist einer von 56 Mitgliedsbetrieben im BASF FarmNetzwerk Nachhaltigkeit, in dem betriebsindividuelle, einfach umsetzbare Biodiversitätsmaßnahmen durchgeführt und wissenschaftlich auf ihre Effizienz monitort werden. Gemeinsam mit BASF und dem Landesbauernverband luden das Vorstandsmitglied der Agrargenossenschaft Trebbin eG Dr. Thomas Gäbert und die Geschäftsführerin der agt Agrar GmbH Jana Gäbert zum politischen Praxistag "Landwirtschaftlich produzieren und Artenvielfalt fördern - wie erreichen wir beides?"

Erste belastbare Antworten auf diese Frage präsentierte Dr. Steffen Noleppa von HFFA Research, der von BASF mit der Studie „Ergebnisorientiert Biodiversität fördern? Eine Analyse der GAP und SUR im Kontext der Lebensmittelproduktion“ beauftragt ist.