Biogasanlagenbetreiber werten Energiepolitik
als Vertrauensbruch

Pressemeldung

LBV-Pressestelle

Meike Mieke

Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

03328 319 202E-Mail schreiben

Brandenburger Landwirte zu den energiepolitischen Plänen der Bundesregierung

(Teltow, 28.10.2022) Für die Strompreisbremse plant das Bundeswirtschaftsministerium eine Abschöpfung der Strommarkterlöse von Biogas- und Solaranlagenbetreibern ab einer Obergrenze von 23 Cent pro Kilowattstunde – rückwirkend ab März 2022.
Wir holten dazu bei Biogasanlagen betreibenden Landwirten Meinungen ein. Einstimmig bewerten sie die Pläne als Vertrauensbruch.

Heiko Terno, Geschäftsführer des AWO Reha-Gut Kemlitz
„Biogasanlagen sind eine große Chance! Sie sind als einzige Technologie grundlastfähig, das heißt, sie können 24 Stunden am Tag verlässlich Strom und Wärme liefern. Das können weder Windkraft noch Photovoltaik. Die schon bestehende Deckelung der Vergütung ab einer Leistung über 75 KW führt zudem dazu, dass ich im Sommer aufgrund intensiverer Gärprozesse Gas abfackeln muss. Ein absoluter Irrsinn.“

Helge Klamke, Geschäftsführer Agrar Planetal Golzow GmbH
„Wir sehen das sehr kritisch, denn die Inputkosten sind auch drastisch gestiegen. Unsere Anlage ist 20 Jahre alt. Wir haben sie in einer Zeit gebaut, in der wir darauf vertrauen konnten, dass man fair miteinander umgeht. Jetzt, wo wir die Chance haben, etwas zu verdienen, will uns der Staat das wieder wegnehmen. Verträge gelten also nichts mehr. Ich habe hier jedes Vertrauen verloren. Nicht zu sprechen von den gigantischen Umsätzen, die die wieder in Betrieb genommenen Kohlekraftwerke erwirtschaften werden.“

Benjamin Meise, Geschäftsführer Fürstenwalder Agrarprodukte GmbH Buchholz
„Die geplante Abschöpfung von Übergewinnen im Energiesektor ist ein richtiger Schritt, geht aber im Biogasanlagenbereich eindeutig zu weit. Die veranschlagte Preisgrenze reichte schon in "Friedenszeiten" nur zu einer knappen Kostendeckung. Zwischendurch haben sich aber auch die Betriebskosten für die Biogasanlagen erhöht (Gärsubstrat, Zukaufenergie, Personalkosten). Außerdem wurde Geld auch für neue Investitionen bereits ausgegeben. Für uns wäre die Verabschiedung dieses Vorschlages ein Genickbruch. Ich weiß, dass es vielen anderen Biogasanlagenbetreibern genauso ginge. Wie passt das mit dem richtigen Ziel der Bundesregierung zusammen, die Biogasbranche weiter zu entwickeln? Aus meiner Sicht kann die Abschöpfung aller Stromlieferanten nur über eine erhöhte Gewinnsteuer gerecht erfolgen, da nur so betriebliche und technologische Unterschiede für alle fair berücksichtigt bleiben.“

Kommentar des Kreisbauernverbandes Oder-Spree
„Es darf nicht zu einer rückwirkenden Abschöpfung von Erlösen ab März 2022 kommen. Sehr viele Betreiber von Biogasanlagen und Holzheizkraftwerken haben die bereits vorhandenen oder absehbaren Erlöse in Anlagentechnik (z. B. Speichertechnik und Motorenleistung für die Flexibilisierung) investiert bzw. zur Kompensation der ebenfalls stark gestiegenen Betriebs- und Brennstoffkosten verwenden müssen. Eine rückwirkende Abschöpfung würde das Vertrauen von Firmen und Betreibern in die Zuverlässigkeit der Politik nachhaltig zerstören und zur Reduktion der Energieerzeugung sowie zu Anlageninsolvenzen führen.“

Kevin Löblich, Geschäftsführer Lenzener Wische Rinderzucht GmbH
„Wenn eine Politik rückwirkend in eine Marktwirtschaft eingreift, ist das aus meiner Sicht nicht nur moralisch, sondern auch rechtlich hoch verwerflich.“

Hintergrund

Derzeit werden im Land Brandenburg mehr als 400 Biogasanlagen betrieben, die mit nachwachsenden Rohstoffen dauerhaft und bedarfsgerecht Strom, Gas und Wärme erzeugen. Die technische Infrastruktur der Biogasanlagen befindet sich direkt auf oder in der Nähe des Betriebsgeländes und beansprucht im Vergleich zu flächenintensiven Solaranlagen wenig Fläche bei einem hohen Mehrwert. Bioenergie ersetzt fossile Energieträger und nutzt sie für betriebseigene Produktionsprozesse wie die Trocknung des Getreides oder die Herstellung von Düngepellets. Der zurückbleibende Gärrest dient zudem als hochwertiger, nicht mehr emittierender Dünger. Eine rückwirkende Einforderung von Erlösen aus dem Stromverkauf rüttelt an den betriebswirtschaftlichen Grundfesten der landwirtschaftlichen Unternehmen und unterwandert das Ziel der unabhängigen Energieversorgung aus heimischen, nachwachsenden Rohstoffen.