Vorschlag für einen Neustart Moor

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„Moor“ auf der Agenda des Ausschusses für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz am 8. Februar 2023 im Landtag Brandenburg 

(Teltow, 9.2.2023) Im derzeit festgefahrenen Dialog zwischen Verwaltung und Landnutzern zur praktikablen Umsetzung von Moorschutzmaßnahmen schlägt der Landesbauernverband einen Neustart der Zusammenarbeit für den Moorschutz vor. Die gestrige Anhörung im Ausschuss für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz zum Thema offenbarte eine Vielzahl ungeklärter Fragen sowie erhebliche Zielkonflikte zwischen Naturschutz, Landnutzung und Klimaschutz. Ein Moormoratorium ist notwendig, um durch die derzeit laufenden, unkoordinierten und unstrukturierten Maßnahmen keine falschen Fakten zu schaffen. Das Land Brandenburg plant auf fast einem Fünftel seiner landwirtschaftlichen Nutzfläche die Wiedervernässung von bisher überwiegend als Grünland genutzten Böden.

Denny Tumlirsch, Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbandes, skizzierte vor dem Ausschuss einen notwendigen Fahrplan, der drei in sich abgeschlossene Phasen beinhaltet. Am Anfang stehe demnach eine umfängliche Bestandsaufnahme, die u. a. die tatsächliche Eignung der Projektgebiete für den gewünschten Klimaeffekt belegt, die Wirtschaftlichkeit alternativer landwirtschaftlicher Nutzung darstellt sowie die Folgen der Versumpfung für anliegende Infrastruktur und Siedlungen sowie Fragen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes abschätzt.

Im zweiten Schritt muss eine entscheidungsbefugte, paritätisch besetzte Moorkommission aus Politik, Verwaltung, Berufsstand, Wissenschaft und Gebietskörperschaften auf Landesebene installiert werden, die mit einer gemeinsam erarbeiteten Moorstrategie „Akzeptanz durch Beteiligung“, so Tumlirsch, herstellt. Die dritte Phase muss die Anpassung und Umsetzung dieser Moorstrategie in der jeweiligen Region beinhalten, die durch eine regionale Moorkommission aus Vertretern des Berufsstandes, der Kreis- und Gemeindeverwaltung und z. B. eines Umweltverbandes gesteuert wird.

„Nur in dieser Form der gemeinsamen Gremienarbeit von Politik, Verwaltung, Verbänden und Landnutzern stellen wir sicher, dass Landwirte, die in den bereits festgelegten Projektgebieten für Wiedervernässungsmaßnahmen wirtschaften, mitgenommen werden und mit ihrer Expertise die Tragfähigkeit der Unternehmung mit beurteilen und mit voran treiben können“, betonte Tumlirsch.

Lars Andreas Sieh und Stefan Schulze Bergcamen, zwei Landwirte, die auf Moorstandorten wirtschaften und ebenfalls vor den Ausschuss geladen waren, illustrierten deutlich, wie wichtig ein ehrlicher Dialog und eine organisierte Zusammenarbeit für einen erfolgreichen Moorschutz ist. Im dünn besiedelten Randowbruch in der Uckermark stellt Sieh schwer zu bewirtschaftende und zur Vernässung neigende Flächen für Anstauungsmaßnahmen zur Verfügung, die zuvor in einem Staubeirat von Bewirtschaftern und Flächeneigentümern abgestimmt und anschließend gemeinsam mit dem Wasser- und Bodenverband umgesetzt werden. Für das vernässte Land erhält der Landwirt Ausgleichsflächen aus Landeseigentum, ein Modell, das jedoch mitnichten auf alle Projektgebiete übertragbar ist.

Vollkommen anders ist die Situation in Potsdam Mittelmark bei Stefan Schulze Bergcamen, der einen breit aufgestellten ökologischen Gemüseanbau betreibt, in seinem Betrieb 20 Mitarbeiter beschäftigt, durch vielgliedrige Fruchtfolge mit Zwischenfruchtanbau seit Jahren den Humusaufbau auf seinen Flächen fördert, erheblich in moderne Beregnungsanlagen investiert hat, dessen Flächen jedoch zu 90 Prozent in das Projektgebiet zur Vermoorung von drei Poldern fallen. Eine Umstellung auf Paludikulturen, die von der Arge Klimamoor als alternative Bewirtschaftungsform massiv beworben wird, kommt für ihn angesichts der nachweislich fehlenden Wirtschaftlichkeit nicht in Frage:

„Für mich bedeutet Paludi ein Eingriff in die Berufsfreiheit. Vor den Toren der Metropole Berlin möchte ich weiterhin Lebensmittel produzieren und meinen Beitrag für die Ernährungssicherheit mit regionalen Produkten aus ökologischem Anbau leisten. Bei einer Vernässung meiner Flächen wird meine Humus aufbauende Arbeit vernichtet. Die bestehende Artenvielfalt wird verdrängt, die Lebensqualität im Morast durch Gnitzen und Mücken erheblich sinken. Im Sumpf wächst nichts, was Tiere oder Menschen ernährt oder gar antreibt oder erwärmt! Die Wiedervernässung der Projektgebiete in diesem Landkreis stößt zudem in einer urbanen Region wie Potsdam Mittelmark auf größten Widerstand von Anwohnern und Gewerbe. Denn mit der Versumpfung geht ein erheblicher Wertverlust an Haus- und Grundstücken einher, der in seiner volkswirtschaftlichen Tragweite nicht vorstellbar ist.“

Die anschließende Fragerunde zwischen den Ausschussmitgliedern mit den Anzuhörenden zeichnete den Status Quo eines festgefahrenen Dialogs in der laufenden Diskussion um die Versumpfung überdeutlich nach. Es zeigte sich, dass das wiederholte Herausheben der Versumpfungsmaßnahmen als einzig wirksame Maßnahme für die signifikante Senkung des CO2-Ausstoßes im Sinne der Klimaziele bis zum Jahr 2045 sowie der wiederholte, moralisch aufgeladene Appell an die Landwirtschaft, dass Moorschutz ein zu erbringender Dienst an die Gesellschaft sei, die Fronten zwischen den Beteiligten noch verhärtet. Im Namen des Berufsstandes und der betroffenen Landwirte in den für die Wiedervernässung vorgesehenen Gebieten forderte Denny Tumlisch daher im Ausklang der Debatte noch einmal eindringlich:

„Wir brauchen klare Berechnungen vorab, worüber wir sprechen. Die Leute vor Ort müssen entscheiden, was mit den von ihnen bewirtschafteten Flächen passiert. Und das muss vernünftig, mit direkter Beteiligung passieren. Die Abgeordneten müssen das zuständige Ministerium jetzt in die Pflicht nehmen: erst Moratorium, dann endlich eine tragfähige Strategie.“

Der Landesbauernverband wird dazu das oben beschriebene Dreiphasenmodell "Akzeptanz durch Beteiligung" einbringen.