Brandenburgs Tierhalter sagen „Stopp!“ 

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Brandenburgs Tierhalter sagen „Stopp!“ zu noch mehr Kontrollen und Dokumentationspflichten 

(Teltow, 25.7.2024) Die Milchrinder haltenden Betriebe im Land Brandenburg sprechen sich gegen die geplanten Verschärfungen der Kontrollverfahren und Dokumentationspflichten innerhalb des bestehenden Prüfsystems zur „Haltungsform“-Kennzeichnung des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) aus. So lautet der Tenor des LBV-Milchbeirates nach einer Sichtung der Änderungsvorschläge der koordinierenden Gesellschaft zur Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung mbH von Anfang Juli.

Demnach soll die bisherige jährliche neutrale Kontrolle der Tierwohlstandards in den Haltungsformstufen 3 (Frischluftstall) und 4 (Auslauf/Weide) durch eine wesentlich komplexere Prüfsystematik abgelöst werden. Diese würde u.a. eine unangekündigte Kontrolle beinhalten, setzt Korrekturfristen und sanktioniert Verstöße in Form des Entzugs der Lieferberechtigung. Als zusätzliche Anforderung für die Haltungsform 4 sollen zudem Inhalte des Tiergesundheitsmonitorings „Q-Check“ aufgenommen werden, auch wenn Betriebe bereits gleichartige Programme des Tiergesundheitsüberwachung fahren. Des Weiteren sind verpflichtende Vorgaben zur Kühlung an heißen Tagen, zum Witterungsschutz im Offenfrontstall oder zum Auslauf ab Haltungsform 4 geplant, die für Milchrindbetriebe in Brandenburg strukturell gar nicht oder schwer umsetzbar sind. Inwieweit die erhöhten Anforderungen in den Haltungsformen finanziell ausgeglichen werden, ist bisher nicht geklärt.

Lars Schmidt, Vorsitzender des LBV-Milchbeirats, konstatierte:
„Die Landwirte waren im Winter auf den Straßen, um für den Abbau von Bürokratie und gegen fehlende Planungssicherheit zu demonstrieren. Nun erfindet der LEH neue Vorschriften, anstatt zu eruieren, welche Tierwohlleistungen die Betriebe bereits erbringen, durch welche Systeme sie kontrolliert werden und wie diese sich in die Haltungsstufen 1 bis 5 einordnen lassen. Wir sollten doch eher sämtliche Kontrollmechanismen bündeln und bauliche Maßnahmen an gegebene Strukturen anpassen, anstatt sie fantasievoll auszuweiten. Das wäre im Sinne des Bürokratieabbaus, der mittlerweile Branchen übergreifend vehement eingefordert wird.“

Brandenburgs Milchrindbetriebe werden im Schnitt jährlich mindestens viermal kontrolliert. Die Kontrollen betreffen u.a. die Lebensmittelüberwachung, den Tierschutz und die Tiergesundheit, die Gülle- und Mistlagerung, den Immissionsschutz, die Betriebssicherheit, den Arbeitsschutz. Die Kontrollen werden von den zuständigen Veterinär- und Landwirtschaftsämtern sowie vom Landesumweltamt, dem Landesamt für Arbeit, Verbraucherschutz und Gesundheit und von Prüfdiensten vorgenommen. Viele Betriebe nehmen darüber hinaus freiwillig an Mehrwertprogrammen (zum Beispiel QM-Milch) teil, die ebenfalls mit Vor-Ort-Kontrollen der Auflagenerfüllung einher gehen. Im Umkehrschluss bedeutet dies: je mehr sich ein tierhaltender Betrieb für das Tierwohl und das Qualitätsmanagement im Betrieb engagiert, umso strenger und häufiger wird er kontrolliert.

Auf dem Weg zur Darstellung der umgesetzten Tierwohlmaßnahmen auf den Betrieben in den „Haltungsform“-Kriterien plädiert der LBV Brandenburg daher dringend für die Synchronisation der Kontrollverfahren mit denen, die auf den Betrieben bereits durchgeführt werden.

Zuletzt haben von November 2023 bis Mai 2024 weitere 50 Rinderhaltungen in Brandenburg aufgegeben, da sie die Investitionen für die gestiegenen gesellschaftlichen Ansprüche an das Tierwohl nicht finanzieren können und Fachkräfte fehlen. Der Rinderbestand Brandenburgs sinkt halbjährlich von einem Rekordtief zum nächsten.

Hintergrund

Die „Haltungsform“-Kennzeichnung ist eine, seit dem 1. Juli 2024 fünfstufige, einheitliche Klassifizierung der Tierwohl-Standards in der Tierproduktion (1=Stall, 2=Stall +Platz, 3=Frischluftstall, 4=Auslauf/Weide und seit Juli 2024: 5=Bio). Sie wurde im April 2019 von den in der Initiative Tierwohl (ITW) engagierten Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels eingeführt. Die Kennzeichnung ist mittlerweile auf den Verpackungen von Fleisch bei ALDI Nord, ALDI SÜD, Bünting Gruppe, EDEKA, Kaufland, LIDL, Netto Marken-Discount, PENNY, REWE und McDonald’s zu finden. Sie gibt Verbraucherinnen und Verbrauchern einen Überblick darüber, wie die Tiere, von denen das Fleisch des jeweiligen Produktes stammt, gehalten wurden.