LBV warnt vor den sozialen Folgen
wegbrechender Tierwirtschaft

Pressemitteilung

(Teltow, 14.3.2025) Auf dem Verbandstag des Bauernverbandes Südbrandenburg äußerten mehrere Betriebsleiter ihre Befürchtungen zu den negativen Auswirkungen auf die sozialen Strukturen im ländlichen Raum, wenn die Tierwirtschaft nicht mehr Teil des Dorfes ist.

Der ländliche Raum blutet weiter aus. Nicht nur der Entschluss, sich von hochwertigen Milch- und Mutterkuhherden zu trennen, die der Stolz der Unternehmen und der anliegenden Ortschaften waren, sei emotional schwer zu bewältigen. Mit den Milchkühen verlassen auch erfahrene Fachkräfte der Tierwirtschaft den Betrieb, typisch ländliche Arbeitsplätze fallen weg. Die notgedrungene berufliche Neuorientierung dieser Fachkräfte führt sie in vielen Fällen in umliegende Städte, weg aus der Dorfgemeinschaft.

Beschäftigte der Landwirtschaftsbetriebe sind jedoch auch tagsüber verfügbare Kameradinnen und Kameraden vieler Freiwilliger Feuerwehren und erfüllen dort einen unverzichtbaren Dienst. Darüber hinaus geht ländliche Wertschöpfung außerhalb isolierter Großansiedlungen verloren. Gerade Landwirtschaftsbetriebe sind mit den Vereinen vor Ort sehr gut vernetzt und fallen nicht selten als Unterstützer oder sogar Sponsoren auf. Die Tierhaltung in der unmittelbaren Umgebung als identitätsstiftende Wirtschaftsform gäbe es nicht mehr, beklagten die Teilnehmer.

Auch die Wertschöpfungskette von Schlachtereien bis zur nachgelagerten Verarbeitung sowie die Molkereien als wichtige Zweige der Ernährungswirtschaft leiden unter dem Rückgang der tierischen Erzeugung im Land, bestätigte Landwirtschaftsministerin Hanka Mittelstadt, die als Ehrengast auf dem Südbrandenburger Verbandstag geladen war. Ihr Haus setzt sich mit Hochdruck für den Erhalt des noch einzigen größeren Schlachthofs im Land in Perleberg ein.

Lars Schmidt, Vorsitzender des LBV-Milchbeirates und Rinderzüchter fordert eine Kehrtwende in der Tierwirtschaftspolitik:
„Wir müssen das Ruder jetzt herumreißen und uns überlegen, wie tierische Erzeugung wieder ein erfolgreicher Wirtschaftszweig in Brandenburg werden kann. Es ist doch unfassbar, dass wir nach den letzten fünf Jahren weiter von einem Selbstversorgungsgrad der Hauptstadtregion Berlin Brandenburg entfernt sind als jemals zuvor. Wir brauchen jetzt einen Maßnahmenplan zur Rettung der Nutztierhaltung in Brandenburg. Wir haben die Strukturen, wir haben enthusiastische Azubi, die mit Tieren arbeiten möchten, wir haben dankbare Konsumenten. Was uns fehlt, sind die politischen Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Tragfähigkeit. Das Landwirtschaftsministerium muss daher eine dringend benötigte Nutztierstrategie für das Land Brandenburg angehen. Wir haben unsere Unterstützung bei der Erarbeitung angeboten.“

In seinem Weißbuch 2024 – Zukunftsplan Landwirtschaft, das auf dem Landesbauerntag 2024 verabschiedet wurde, hatte der LBV bereits eine Vielzahl notwendiger Inhalte angesprochen. Darunter zählen Rahmen- und Förderbedingungen für Stallbauten, Sanierungsmaßnahmen bestehender Infrastruktur, die Tierseuchenbekämpfung und die ausreichende zahlenmäßige Versorgung durch Großtierveterinäre. Damit einhergehen muss auch eine eigene Leguminosenstrategie, um regional Eiweißfutter zu produzieren. All dies soll in einem Kompetenzzentrum Nutztierhaltung münden.
„Wir brauchen wieder eine Perspektive für die Tierhaltung. Die Luft wird immer dünner!“, unterstreicht Schmidt.

Hintergrund

Während der LBV Brandenburg bei der Erarbeitung seines Zukunftspapiers „Der neue Brandenburger Weg“ im Jahr 2020 noch von ca. 137.000 Milchkühen in Brandenburg ausgegangen ist, wies das Amt für Statistik im Statistischen Bericht, der alle drei Jahre erscheint, zum 01.03.2023 schon nur noch 121.800 Milchkühe in Brandenburg aus. Dies ist ein Verlust von mehr als 11 % in weniger als 3 Jahren. Dabei verringerte sich die Zahl der Betriebe mit Milchkuhhaltung in derselben Zeit um mehr als 27 % von 384 auf nur noch 280 Betriebe. Zwischen 2010 und 2023 verringerte sich der Gesamtrinderbestand, d.h. Milch- und Mutterkühe, um fast 25 %. Ähnlich verhält es sich bei den im Land Brandenburg gehaltenen Schafen.
Bei den gehaltenen Schweinen ist dies im selben Zeitraum noch dramatischer. Dort ging die Gesamtzahl um mehr als ein Drittel der gehaltenen Tiere zurück. Auch die Betriebszahl sank von 405 Betrieben im Jahr 2020 auf 340 im Jahr 2023, was einem Verlust von ca. 17 % entspricht.
Trotz der, über lange Zeit gewachsenen Geflügelbestände lag auch die Zahl der im Jahr 2023 gehaltenen Geflügeltiere fast 5 % unter dem Niveau von 2010.